KW 14

Gesellschaftlicher Nutzen

Webcam aus dem All

Der WebHopper fliegt an Bord eines Erdbeobachtungssatelliten im niedrigen Orbit unterhalb von Relaissatelliten. Je nach Bedarf kann er sich mit einem der Satelliten verbinden und in Minutenschnelle aktuelle Satellitenbilder der Erde an einen PC oder ein Handy senden.
Der WebHopper fliegt an Bord eines Erdbeobachtungssatelliten im niedrigen Orbit unterhalb von Relaissatelliten. Je nach Bedarf kann er sich mit einem der Satelliten verbinden und in Minutenschnelle aktuelle Satellitenbilder der Erde an einen PC oder ein Handy senden.
Wenn eine Naturkatastrophe ganze Landstriche verwüstet, müssen sich Rettungskräfte schnell einen Überblick über die Lage verschaffen können: Wie groß ist die Zerstörung? Wo sind Straßen noch passierbar, und wo befinden sich Überlebende in Not? Schon heute sind Satellitenbilder die wichtigste Informationsquelle. Doch es kann mitunter mehrere Stunden dauern, bis sie zur Verfügung stehen – Zeit, die im Ernstfall Menschenleben kostet. Airbus Defence and Space in Friedrichshafen arbeitet daran, dass solche Lagebilder künftig binnen Minuten und möglichst einfach abrufbar sind.

Dutzende Erdbeobachtungssatelliten verschiedener Typen, Nationen und Betreiber befinden sich aktuell im Orbit und liefern Bilder aus allen Teilen der Welt. Theoretisch ist es möglich, zügig eine Aufnahme von nahezu jedem beliebigen Fleck der Erde zu bekommen. In der Praxis ist es komplizierter: Braucht etwa eine Rettungsbehörde ein Bild von einer Erdbebenregion, muss sie zunächst eine Anfrage an die Missionskontrolle derjenigen Satelliten erteilen, die am schnellsten das Zielgebiet erreichen. Diese übermittelt den Auftrag wiederum an den entsprechenden Satelliten, der Satellit macht in seinem nächsten Überflug das Bild und sendet es zurück – das dauert in der Regel gut 90 Minuten.

Eine Innovation von Airbus Defence and Space soll damit bald Schluss machen. Die sogenannte WebHopper-Technologie soll Erdbeobachtungssatelliten künftig mit speziellen Funkterminals ausstatten. Diese sind „nach oben“ ausgerichtet und koppeln den Satelliten mit einem darüber befindlichen Relaissatelliten, etwa einem speziellen Fernsehsatelliten. Auf diese Weise ist der Erdbeobachtungssatellit quasi permanent vom Boden erreichbar. Verliert er den Relaissatelliten aus dem Sichtbereich, koppelt er einfach zum nächsten um ("Hopping") – ähnlich wie ein Handy bei einer Bahnfahrt von Funkzelle zu Funkzelle wechselt.

Als würde man per Webcam vor dem Skiurlaub die Schneeverhältnisse checken

Hinzu kommt, dass die patentierte Technologie auf Internet-Protokollen basiert und die Verbindung in beide Richtungen funktioniert: Registrierte Nutzer können sich von einem einfachen Webbrowser aus mit Passwort und verschlüsseltem Link mit dem WebHopper verbinden – anders als bislang ist dafür keine spezialisierte Technologie nötig. Die Satellitenbilder kommen per Klick und binnen Minuten auf den Schreibtisch-PC, das Handy oder Tablet – kaum komplizierter als würde man vor dem Skiurlaub per Webcam die Schneeverhältnisse vor Ort checken.

Der WebHopper revolutioniert nicht nur die Arbeit von Rettungsdiensten. Künftig könnten etwa Logistikunternehmen ihre Waren rund um den Globus unkompliziert und jederzeit nachverfolgen. Reedereien könnten ihre Schiffe noch einfacher orten, Fluggesellschaften ihre Interkontinentalflüge. Und Meteorologen könnten durch die Messung von Wellenhöhen auf Ozeanen noch genauere Unwetterwarnungen ausgeben. Die nötige Sicherheit bieten dabei spezialisierte Cyber-Security-Router, damit nur autorisierte Nutzer den Satellitenlink nutzen können.

Airbus Defence and Space simuliert den WebHopper derzeit im Labor in Friedrichshafen und entwickelt ihn so weiter, dass er auf einer geeigneten Erdbeobachtungsmission erstmals eingesetzt werden kann. Langfristig ist geplant, den WebHopper auch für die Kommunikation mit der neuen Außenplattform Bartolomeo der Internationalen Raumstation ISS zu nutzen.