Vision wird Realität: Ionenantrieb im All
„Bislang ist die Lebensdauer von Satelliten im All durch die limitierte Treibstoffmenge und Verschleiß an den Triebwerken begrenzt gewesen“, so Horst Strauß von Thales Deutschland. „Im All sind elektrische Ionen-Antriebe aber wesentlich sinnvoller. Sie brauchen nur sehr wenig Treibstoff. Dadurch können die Kosten gesenkt und die Lebensdauer erhöht werden.“
Ionenantriebe arbeiten, wie herkömmliche Raketentriebwerke, nach dem Rückstoßprinzip. Der Treibstoff wird jedoch nicht verbrannt, sondern ionisiert, also elektrisch aufgeladen. Die Ionen werden in elektrischen Feldern beschleunigt, so dass ein hochenergetischer Teilchenstrahl entsteht, dessen Rückstoß das Raumfahrzeug nach vorne treibt. Die benötigte elektrische Leistung liefern Solarzellen.
Soweit die Theorie, die nach Jahren der Forschung noch in diesem Jahrzehnt zur Realität werden soll. Das „Hocheffizienz Multistufen Plasmatriebwerk“ wurde am Thales Kompetenzzentrum für Satellitentechnologie in Ulm erfunden und befindet sich dort momentan in der heißen Testphase. Der innovative Antrieb trägt den Namen HEMP-T, abgeleitet vom Englischen „High Efficiency Multi Stage Plasma“.
HEMP-T erzeugt einen Schub von gerade einmal 50 Millinewton, was der Gewichtskraft eines Blattes Papier entspricht. Diese kleine Kraft wirkt aber kontinuierlich für mehrere Stunden auf das Raumfahrzeug. So summiert sich der benötigte Impuls für ein Manöver in der Schwerelosigkeit des Alls.
„HEMP-T benötigt lediglich ein Zehntel des Treibstoffs eines herkömmlichen Antriebssystems, so dass die Nutzlast des Satelliten nicht für Treibstoff ‚vergeudet‘ werden muss. Dadurch werden signifikante Kosteneinsparungen ermöglicht“, erläutert Strauß. „HEMP-Triebwerke sind wirkungsvoller, leichter und folglich wirtschaftlicher als bisher verwendete chemische Antriebe. Die geringe Komplexität, die kompakte und zuverlässige Bauweise sowie die damit erreichbare Einsparung an Treibstoff führen zu signifikanten Kosteneinsparungen im Vergleich zu herkömmlichen Antriebssystemen.“
Die innovativen Antriebe haben gute Chancen, bereits Ende 2018 bei der deutschen Heinrich-Hertz-Mission zum Einsatz zu kommen. Ein geostationärer Kommunikationssatellit, der den Namen des berühmten Physikers trägt, soll ins All gebracht werden und aus gut 36.000 Kilometern Höhe insbesondere Deutschland mit Daten versorgen.
Kommunikationssatelliten machen unser modernes, vernetztes Leben erst möglich. Sie bilden die Grundlage für Echtzeitberichte in den Nachrichten, WM-Übertragung im Fernsehen und günstige Telefonate in alle Welt. Darüber hinaus helfen sie, Rettungseinsätze im In- und Ausland zu koordinieren. Auch für die Bundeswehr sind sie Teil ihrer modernen Infrastruktur.
Auftraggeber von HEMP-T ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Mittel werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Bundesverteidigungsministerium bereitgestellt.