Triebwerke werden digital

Das neu entwickelte Triebwerk Pearl 15 wird in der neuesten Generation von großen Geschäftsreiseflugzeugen eingesetzt und nutzt mehr digitale Technologien als andere Triebwerke zuvor. Dazu zählt etwa ein Überwachungssystem, das erstmals mehrere tausend Paramater der Triebwerke und wichtiger Anbauteile während des Betriebs in Echtzeit erfasst. Mittels eigens entwickelter Algorithmen kann in aufwendigen Rechenverfahren ein etwaiger Wartungsbedarf noch in der Luft abgeleitet werden. Zudem bietet das neue Überwachungssystem dank sicherer, bi-direktionaler Kommunikation neuartige Möglichkeiten der Ferndiagnose: Es sendet nicht nur relevante Daten für die Wartung an die zuständigen Ingenieure, sondern lässt sich auch vom Boden konfigurieren. Es ermöglicht dabei, Daten im Live-Stream zu überwachen und mit denen der gesamten Flotte zu vergleichen. Dieses weltweit fortschrittlichste System zur Triebwerksüberwachung nutzt die digitalen Fähigkeiten, um intelligente Entscheidungen zu treffen und zielt darauf, ein Höchstmaß an Verfügbarkeit der Antriebe zu gewährleisten.
Der Sprung in die Digitalisierung scheint zunächst einmal nur für Techniker und Ingenieure interessant, allerdings bietet er vor allem Kunden den Vorteil einer noch höheren Verfügbarkeit der Triebwerke. Aber auch Menschen in Flughafennähe und die Umwelt profitieren dauerhaft von der neuen Triebwerks-Generation, die mithilfe neuester digitaler Werkzeuge entwickelt wurde. Das Triebwerk ist 2 Dezibel leiser, bietet 7 Prozent geringere CO2- und 20 Prozent geringere Stickstoffoxid-Emissionen bei gleichzeitig bis zu 9 Prozent höherem Schub.
Teil einer größeren Vision
Die neueste Triebwerksgeneration ist Teil der Rolls-Royce Vision des intelligenten Triebwerks. Das Unternehmen will Luftfahrtantriebe mithilfe von Cloud-basierten Analysen und Big Data revolutionieren. Ziel ist es, dass Triebwerke eines Tages miteinander kommunizieren und sich sogar auf den Kontext ihrer aktuellen Nutzung einstellen können: bestimmte Eigenheiten des jeweiligen Betriebs, mögliche Einschränkungen und die Bedürfnisse des Kunden. Reaktionen auf die Umgebung werden ohne menschliche Intervention möglich. Das ist der nächste konsequente Schritt in Richtung der Vision der „IntelligentEngine“, in der die Grenzen zwischen physischen Produkten und Dienstleistungen immer weiter verwischt werden. Letztendlich wird dieses Konzept dazu führen, dass Triebwerke selbst lernen und schließlich in der Lage sein werden, sich in gewissem Umfang sogar selbst zu heilen.
Technologie aus Brandenburg
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Rolls-Royce Werk in Dahlewitz. Dort wird die neue Pearl-Triebwerksfamilie entwickelt, auf Prüfständen getestet, gebaut und im Einsatz betreut. Auch das praktische Testprogramm während der Entwicklung, bei dem die Triebwerke an verschiedenen Standorten weltweit extremen Bedingungen unterzogen werden, wird von hier aus gesteuert. Hierzu gehören Tests mit Temperaturen bis minus 40 Grad Celsius, starken Regenfällen oder direkten Blitzeinschlägen. Mit den Tests wird sichergestellt, dass das Triebwerk auch unter Extrembedingungen zuverlässig funktioniert.
Das neue Triebwerk hat im Februar 2018 die EASA-Zulassung erhalten und befindet sich zurzeit in der abschließenden Flugerprobung. 2019 werden die ersten Flugzeuge vom Typ Bombardier Global 5500 und Global 6500 an Kunden weltweit ausgeliefert.
Das neue Triebwerk der Pearl-Triebwerksfamilie ist der vorläufige Höhepunkt der inzwischen über 100-jährigen Geschichte von Rolls-Royce im Luftverkehr. Triebwerke des Unternehmens treiben weltweit rund 5.000 Flugzeuge an.