KW 32

Zukunftstechnologie

Smarte Klebstoffe für die Satelliten der Zukunft

Zugtest des Graphen Nano-verstärkten Klebstoffs bei -80°C
Zugtest des Graphen Nano-verstärkten Klebstoffs bei -80°C
Smarte Klebstoffe spielen im Satellitenbau eine immer wichtigere Rolle: Sie müssen den extremen Temperatur-, und Strahlungsbedingungen im Weltraum trotzen und sollten gleichzeitig möglichst viele nützliche Eigenschaften auf sich vereinen. Der neueste Innovationsprung kommt vom sächsischen Unternehmen Hoch Technologie Systeme (HTS), dem jüngsten Zuwachs von RUAG Space.

Extrembedingungen im Weltraum

Klebstoffe verbinden komplexe Strukturen und Komponenten im Inneren des Satelliten und müssen den enormen Lasten beim Start standhalten. Dabei herrschen im Orbit Extrembedingungen: Tiefste Kälte von -100 Grad auf der sonnenabgewandten Seite und starke Hitze von über +100 Grad auf der sonnenzugeneigten Seite, ganz abgesehen von hoher UV- und kosmischer Strahlung, die das Material ermüdet. Eine weitere wichtige Anforderung: Die in den Klebstoffen enthaltenen Flüssigkeiten und Gase dürfen die hochempfindlichen Messgeräten oder Teleskope nicht verunreinigen. Schon winzigste Partikel durch das Ausgasen dieser Stoffe würden eine zentimetergenaue Vermessung des Meeresbodens oder die Erforschung fremder Galaxien unmöglich machen.

Konventionelle Industrieklebstoffe können das nicht leisten. Zum Einsatz kommen deshalb seit jeher speziell für die Raumfahrt entwickelte und qualifizierte Klebstoffe. Diese werden allerdings bei sehr tiefen Temperaturen rasch spröde und können Wärme und elektrischen Strom bislang nur mangelhaft leiten.

Nanoverstärkter Klebstoff auf dem Vormarsch

HTS, das sächsische Tochterunternehmen von RUAG Space, hat nun den bislang leistungsfähigsten Weltraumklebstoff vorgestellt, welcher mit Partnern aus Bayern und Griechenland im Rahmen eines Projektes der Europäischen Raumfahrtagentur ESA entwickelt wurde. Er ist mit Graphen-Nanopartikeln verstärkt – einer besonderen Form des Kohlenstoffs. Damit kann er statt der bisher üblichen -50 Grad auch Temperaturen von -80 Grad und darunter problemlos aushalten, ohne Schaden zu nehmen. Außerdem leitet der nanoverstärkte Klebstoff Strom und Wärme fünfmal besser als vergleichbare Produkte.

Die gute elektrische Verbindung der Bauteile reduziert die Gefahr von Kurzschlüssen in den empfindlichen Bauteilen. Zusätzliche Kabel zur Erdung könnten deshalb entfallen. Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Satelliten der Zukunft steigen weiter. Das gilt umso mehr, da die Klebschicht direkt mit elektrischem Strom versorgt werden kann. Ergebnis: Der Kleber verbindet nicht mehr nur einzelne Elemente, sondern dient zugleich als elektrisches Heizungssystem. Folienheizer an komplizierten Strukturen können damit entfallen. Und da der Kleber niedrigsten Temperaturen trotzt, kann er auch an außenliegenden, sonnenabgewandten Positionen eingesetzt werden.

Der Nano-Klebstoff wird derzeit getestet und für den ersten Einsatz vorbereitet. Ein erster Einsatz im Weltraum könnte in circa drei Jahren stattfinden.