Scharfer Blick aus dem Weltall

Jena-Optronik steuert für Sentinel-4 mehrere optische Systeme bei, darunter ein Teleskop und zwei Spektrometer, die hochaufgelöste Aufnahmen unseres Planeten Erde machen. Diese Optiken funktionieren im Prinzip wie ihre irdischen Pendants: In einem Objektiv sind verschiedene Linsen hintereinander angeordnet, in denen das Licht fokussiert wird, wodurch letztlich scharfe Bilder entstehen. Allerdings sind die Bedingungen, unter denen die Objektive im Weltall arbeiten, sehr viel anspruchsvoller als auf der Erde. Jena-Optronik hat für die Lösung der Aufgabenstellung von Sentinel-4 zwei Technologien entwickelt, die weltweit einzigartig sind.
Stabil trotz hoher mechanischer Belastungen
Zum einen das sogenannte Clamping, ein Verfahren zum Zusammenbau der Objektive. Die Herausforderung: Insbesondere beim Start einer Rakete ist das Objektiv extrem hohen Lasten ausgesetzt. Diese führen normalerweise dazu, dass sich innerhalb des Objektivgehäuses die Linsenhalter im Inneren verbiegen oder sich zueinander verschieben. Dadurch würde die Optik verstimmt und das ganze Instrument würde unbrauchbar. Jena-Optronik hat daher eine spezielle Klemmung sowie mechanische Halter für die Linsen entwickelt. Hierbei wird ein Druck von einer Tonne schon beim Zusammenbau des Objekts erzeugt. Dieser führt letztlich dazu, dass sich die richtigen Abstände der Linsen final einstellen und stabilisiert werden. Alle Linsen werden sozusagen verpresst und so auf die hohen Beschleunigungen sowie hohen Lasten beim Raketenstart vorbereitet.

Scharfe Bilder trotz Temperaturschwankungen
Für die Arbeit des Objektivs im All hat Jena-Optronik zudem ein Verfahren entwickelt, das unter dem sperrigen Namen „passive Athermalisierung“ läuft. Hintergrund: Ein geostationärer Satellit ist regelmäßigen Temperaturschwankungen ausgesetzt – je nachdem ob er gerade im Erdschatten fliegt oder voller Sonnenbestrahlung ausgesetzt ist . Dadurch dehnen sich Materialen aus oder ziehen sich zusammen. In einem Objektiv würden sich dabei die Abstände zwischen den Linsen und somit die Scharfstellung laufend ändern, was nicht geschehen darf. Schon Abweichungen im µm-Bereich – das heißt um 0,001 Millimeter – würden zu unscharfen Bildern führen. Um das zu verhindern, wurden bislang die Abstände aktiv nachgestellt, etwa über eine Software und motorisch betriebenen Elementen. Ein ebenso aufwendiges wie fehleranfälliges Verfahren, da es zusätzliche Elektronik und Sensorik erfordert. Jena-Optronik hat nun eine Linsenfassung entwickelt, bei der jede Linse durch einen zweigeteilten Fassungsring aufgenommen wird, der bei Temperaturänderungen von selbst eine abgestimmte Gegenverformung erzeugt. So können auftretende Temperaturschwankungen ausgeglichen werden, ganz ohne Stromquelle oder zusätzlichen Antriebsmechanismus.
Jena-Optronik hat beide Technologien im Auftrag von Airbus Defence & Space und der Europäischen Raumfahrtagentur ESA entwickelt. Sie werden voraussichtlich ab 2023 auf dem neuesten MTG Satelliten in der Sentinel-4 Mission zum Einsatz kommen. Dieser wird dann im Rahmen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus die Atmosphäre der Erde überwachen und wertvolle Daten etwa zu Treibhausgasen, Luftqualität oder Ozonbildung sammeln. Damit werden hochgenaue Vorhersagen über die Klimaveränderung weiter verbessert und umfassende Schutzmaßnahmen können getroffen werden.
This article has been produced with the financial assistance of the European Union. The views expressed herein can in no way be taken to reflect the official opinion of the European Union and/or ESA.