KW 24/2018

Nachhaltigkeit

Leichtbaurohre für die Luftfahrt

Rohre aus Hochleistungsthermoplasten von PFW Aerospace
Rohre aus Hochleistungsthermoplasten von PFW Aerospace
Was man als Passagier nicht ahnt: Großraumflugzeuge wie die A350 durchzieht ein mehr als drei Kilometer langes Rohr-Labyrinth. Hindurch fließt alles, was das Flugzeug technisch benötigt und die Flugreise angenehm macht: Kraftstoff, Hydraulikflüssigkeit, Heißluft, Frischwasser, Abwasser, Sauerstoff und Kühlstoffe. Das rheinland-pfälzische Unternehmen PFW Aerospace GmbH mit Sitz in Speyer ist Experte für solche Rohrsysteme – und tritt an, den Bereich mit neuen, leichten Werkstoffen zu revolutionieren.

Die Ansprüche an Rohre im Flugzeug sind hoch: Der Platz ist knapp, die Rohre werden teils über 180 Grad gebogen. Die Temperaturen schwanken zwischen minus 65 °C bis plus 250 °C. Im Hydraulikbereich müssen sie darüber hinaus extremen Drücken von über 1.200 bar aushalten können. Diesen Belastungen Stand zu halten gelingt bislang fast ausschließlich mit teils schweren, metallischen Werkstoffen wie Stahl, Aluminium und Titan.

Leichtbau am Rohrsystem

PFW Aerospace gibt sich damit nicht länger zufrieden. In einem mehrjährigen Forschungsprojekt hat das Unternehmen gemeinsam mit Partnern neue Verarbeitungsverfahren für extrem belastbare Kunststoffrohre entwickelt, um an vielen Stellen metallische Rohre ersetzen zu können. Genutzt werden dabei sogenannte Hochleistungsthermoplaste. Diese hier eingesetzten Werkstoffe sind nicht nur deutlich hitzebeständiger als bisherige Kunststoffe, sondern auch widerstandsfähig gegen aggressive Flüssigkeiten wie Kerosin oder Hydraulikflüssigkeit.

Aber das Wichtigste: Die Kunststoffrohre sind gegenüber metallischen Rohren um bis zu 40 % leichter. Ein enormes Einsparpotenzial, das auch der Umwelt zugute kommt, denn jedes Gramm Gewicht spart Treibstoff und reduziert den CO2-Ausstoß – ein weiteres Beispiel dafür, dass in der Luftfahrtindustrie ökologische und ökonomische Ziele deckungsgleich sind.

Gemeinsame Investition

Die neuen Verarbeitungsverfahren für Hochleistungsthermoplaste wurden unter anderem im Rahmen eines vom Luftfahrtforschungsprogramm geförderten Projekts entwickelt. Neben PFW waren auch weitere Industriepartner sowie Forschungseinrichtungen der TU Kaiserslautern beteiligt. PFW investiert seitdem einen siebenstelligen Betrag in neue Fertigungseinrichtungen.

Die ersten Leichtbaurohre sind seit 2014 in der A350 im Einsatz. Dort transportieren sie Flüssigkeiten aus dem Frachtraum ab – etwa wenn Schnee auf dem Frachtgut schmilzt. Doch das ist nur der Anfang. PFW arbeitet derzeit daran, dass bald auch Frisch- und Abwasser über Rohre aus Hochleistungsthermoplasten in Serie gehen. Langfristig können diese Kunststoffe mit zusätzlichen Modifikationen beinahe sämtliche Rohre in Flugzeugen ersetzen.