Hightech: Optische Tomographie für Bauteile aus dem industriellen 3D-Drucker

Schon kleinste Abweichungen an Bauteilen, wie etwa unerwünschte Hohlräume oder Poren, können im Ernstfall ein Risiko für die Sicherheit in der Luftfahrt darstellen. Jedes Bauteil muss daher eingehend geprüft werden. Um die Teile nicht zerstören zu müssen, erfolgt die Prüfung unter anderem über Ultraschall oder Röntgenverfahren.
Lückenlose Dokumentation
Bauteile aus dem industriellen 3D-Drucker können über diese Verfahren nicht so lückenlos geprüft werden. Beispiel selektives Laserschmelzen: Bei dem 3D-Druck-Verfahren wird Metallpulver aufgeschmolzen und hauchdünn Schicht um Schicht aufgetragen, bis das gewünschte Bauteil fertig ist. Seit mehr als fünf Jahren fertigt die MTU Aero Engines Boroskopaugen für die A320neo-Getriebefan-Triebwerke auf diese Weise. Das wenige Zentimeter große Teil, das sich auf dem Gehäuse einer Niederdruckturbine befindet und das Einführen eines Boroskops ermöglicht, wird in mehr als 1.000 Schichten aufgetragen. Das Problem: Durch den schichtweisen Aufbau beim selektiven Laserschmelzen sind etwaige Abweichungen meist sehr klein oder extrem flach. Die Geometrie bei additiv gefertigten Bauteilen ist mitunter deutlich komplexer als bei gegossenen oder gefrästen Teilen. Konventionelle Prüftechniken wie Ultraschall oder Röntgenverfahren reichen oft nicht aus, um Abweichungen zu erkennen.
Das Prinzip des schichtweisen Aufbaus additiver Fertigungsverfahren erfordert eine völlig neue Lösung der Qualitätssicherung. Die MTU Aero Engines hat für die Eigenheiten dieses Herstellungsprozesses ein neues Prüfverfahren entwickelt: Das System heißt EOSTATE Exposure OT, wird von EOS vertrieben und arbeitet auf Grundlage der sogenannten Optischen Tomographie (OT) – ein bildgebendes Verfahren, das in der Medizin etwa zur Untersuchung von Gewebe eingesetzt wird. Während des Bauprozesses dokumentiert eine hochauflösende Kamera den gesamten Fertigungsprozess von der ersten bis zur letzten Schicht – eine völlig neue Qualitätsprüfung bei höchster Effizienz.
Einzigartige Kontrolle
Durch die Prüfung während des Fertigungsprozesses sind keine nachträglichen Qualitätskontrollen für die Volumenprüfung mehr nötig. Das reduziert den Zeitaufwand und die Kosten erheblich. Hinzu kommt: Das System sammelt wertvolle Daten, die zur späteren Optimierung von Bauteilen und Fertigungsverfahren genutzt werden können.
Bei der Entwicklung hat die MTU mit EOS, dem weltweit führenden Technologieanbieter für den industriellen 3D-Druck von Metallen und Polymeren, zusammengearbeitet. Seit Juni vertreibt EOS die gemeinsame Entwicklung, so dass die OT auch von anderen Unternehmen genutzt werden kann. Die Entwicklungsarbeiten gehen zudem weiter. Ziel ist die Bereitstellung eines Monitoringsystems, welches auch zur sequentiellen Regelung des Schweißprozesses nutzbar ist. Im Endstadium soll das Überwachungssystem zu einer vollautomatisierten Qualitätssicherung und Regelung zur Fehlstellenbehebung weiterentwickelt und gleichzeitig als Prüfverfahren zugelassen werden.