KW 4/2021

Zukunftstechnologie

Drohnensteuerung über den Mobilfunk

Mitarbeiter von umlaut messen in Testflügen mit einer Drohne die Qualität des Mobilfunknetzes im niedrigen Luftraum.
Mitarbeiter von umlaut messen in Testflügen mit einer Drohne die Qualität des Mobilfunknetzes im niedrigen Luftraum.
Unbemannte Luftfahrtsysteme werden unser Leben verändern: Eilige Lieferungen wie Medikamente werden per Drohne schnell und flexibel zugestellt, Feuerwehren schicken bei einem Brand Drohnen als Vorauskommando, um ein erstes Lagebild zu bekommen, in großen Metropolen helfen Flugtaxis, Staus zu vermeiden – vieles erscheint möglich. Bevor neuartige Luftfahrtsysteme künftig über besiedelten Gebieten flexibel und weite Strecken fliegen, muss die Sicherheit und Verlässlichkeit der Funkverbindung zwischen Fluggerät und Pilot am Boden sichergestellt werden. Das nordrhein-westfälische Unternehmen umlaut hat in dem Pilotprojekt „QualiFly“ Möglichkeiten erforscht, um die Eignung des Mobilfunknetzes über einem Einsatzgebiet für den Betrieb zu qualifizieren.

Das Mobilfunknetz liegt als Technologie für die Datenverbindung zur Übertragung von Steuerbefehlen, Positions- und Telemetriedaten quasi auf der Hand: Es ist bereits in der Fläche verfügbar, vergleichsweise kostengünstig und erlaubt ausreichende Datenraten. Das Hindernis: Ob Datenraten, Signalstärke und -qualität im Einsatz so gut sind wie in der Theorie ist ungewiss – Mobilfunknetze wurden bisher für die Nutzung am Boden optimiert, nicht für die Verbindung zu schnell fliegenden Drohnen im niedrigen Luftraum.

Ist das Netz gut genug?

Das Unternehmen umlaut hat dafür mit Förderung durch das Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Projekt QualiFly ein grundlegendes Verfahren entwickelt, um verschiedene Parameter der Mobilfunknetze aller drei Netzbetreiber in Deutschland auf Flughöhe messen und auswerten zu können. Über die Projektlaufzeit von sechs Monaten wurde zuerst das Verfahren entwickelt und anschließend die Netzqualität über zwei Einsatzgebieten in Nordrhein-Westfalen mit einer mit Messequipment ausgestatteten Drohne in Höhen zwischen 40 bis 100 Metern über dem Boden vermessen. Im Gegensatz zu den Anwendungen in der Zukunft fanden die Messflüge alle innerhalb der Sichtweite statt. Dafür nahmen die Drohnenpiloten von umlaut bei einem der Messflüge ihren Platz auf dem Turm der örtlichen Feuerwehr in Meerbusch ein, um das etwa ein Quadratkilometer große Messgebiet stets im Blick zu behalten.

Die Auswertung der Ergebnisse hat bereits gezeigt, dass nicht automatisch von der Netzqualität am Boden auf die Netzqualität im niedrigen Luftraum geschlossen werden kann. Zwar wäre eine Datenübertragung zu Drohnen in den untersuchten Gebieten überall möglich, die Qualitätsunterschiede zwischen den Flughöhen haben zum Teil aber überrascht. Insbesondere die bisherige Strategie, um den Empfang am Boden zu optimieren, wurde als Schwierigkeit festgestellt: In der Höhe wurden oft gleichzeitig mehrere Netzzellen detektiert, was zu Interferenzen führt, die Signalstärke beeinträchtigt und die Gefahr von Verbindungsabbrüchen erhöht – ein Umstand, den man beim Drohnenbetrieb unbedingt vermeiden sollte.

Grundlage für breiteren Einsatz

Die ersten Ergebnisse der Messungen haben die Anwendbarkeit des Mobilfunknetzes für die Datenverbindungen zu Drohnen erwartungsgemäß bestätigt. Gleichzeitig haben sie Hinweise darauf gegeben, dass Mobilfunknetzbetreiber gegebenenfalls ihre Netzinfrastruktur anpassen müssen, insbesondere falls viele Drohnen gleichzeitig im selben Luftraum unterwegs sein sollen oder die Anwendung der Drohne eine höhere Datenrate verlangt, wie beispielsweise der Video-Feed von einem Brand zurück zur Einsatzzentrale der Feuerwehr.

Auch für die Vermessung sehr großer Flächen – etwa ganze Regionen oder gar landesweit – hat das Projektteam Konzepte für Simulationsmodelle überlegt: Eventuell könnte durch gezielte lokale Messungen und unter Berücksichtigung von Topographie und Bebauung ein Modell entwickelt werden, um von existierenden Messdaten am Boden auf das Mobilfunknetz in der Luft zu schließen. Eine solche Entwicklung hätte indes den Rahmen der Projektlaufzeit über sechs Monate gesprengt und könnte in einem Folgeprojekt umgesetzt werden.