KW 12/2021

Zukunftstechnologie

Digitaler Zwilling sichert Qualität

Der digitale Bauteilzwilling kann anschließend von Ingenieuren und Werkern evaluiert werden, um rasch zu erkennen, wo etwaige Fehler im Prozess entstanden sind.
Der digitale Bauteilzwilling kann anschließend von Ingenieuren und Werkern evaluiert werden, um rasch zu erkennen, wo etwaige Fehler im Prozess entstanden sind.
Bauteile in der Luft- und Raumfahrt müssen extrem präzise gefertigt werden. Mitunter sorgt eine Abweichung im Mikrometer-Bereich dafür, dass ein Teil unbrauchbar ist. Entsprechend reichen schon kleine Auslöser, um Fehler zu erzeugen. Allerdings: Im Nachhinein die genaue Ursache festzustellen, ist meist zu aufwendig und teuer – noch. Denn das Startup nebumind entwickelt eine Software, die die Qualität von Bauteilen während der Fertigung überwacht, Rückschlüsse auf den Auslöser gibt und so den Produktionsprozess überwacht.

Die Software sammelt entlang der gesamten Fertigungskette Produktionsdaten, die während der Fertigung eines Bauteils von Sensoren und Maschinen erzeugt werden. Dies können Dutzende von Sensoren und Maschinenparameter sein, die teilweise im Gigabyte-Bereich liegen. Aus diesen Daten erstellt die Software einen digitalen Bauteilzwilling, also eine 3-D-Punktewolke des Bauteils, das von Ingenieuren und Werkern evaluiert werden kann. So kann schnell erkannt werden, wo etwaige Fehler im Prozess entstanden sind.

Die Innovation bringt eine neue Perspektive in den Bereich der IoT Lösungen: So gibt es bereits Software, die Produktionsdaten sammelt und analysiert – doch bislang nur mit dem Ziel, den Fertigungsprozess effizienter zu machen oder die Maschinen besser auszulasten. nebumind hingegen konzentriert sich auf das Bauteil selbst und liefert ein Tool, mit dem Fertigungsdaten unabhängig vom Prozessschritt hinsichtlich der Bauteilqualität analysiert werden können.

Weniger Ausschuss, geringere Kosten

Mindestens ebenso wichtig ist, dass die Software eine agile Fertigung unterstützt. Bislang ist es so: Selbst wenn die Ingenieure herausgefunden haben, woher ein Fehler am Bauteil kommt, werden die Maschinen oft nicht angepasst. Zu groß ist die Angst, dass dies negative Nebeneffekte auf andere Schritte in der Produktion hätte, und zu groß der Aufwand, solche Nebeneffekte durch erneute Qualifikationen auszuschließen. Meist wird der Fehler akzeptiert und das Bauteil repariert oder aussortiert. Die Software von nebumind hingegen kann solche Nebeneffekte erfassen und analysieren, wie sich eine Anpassung auf den weiteren Prozess auswirkt – und hilft dadurch, Ausschuss und Produktionskosten zu reduzieren.

Rasche Rückverfolgung – auch im Flugbetrieb

Hinzu kommt: Die Software verwaltet alle erhobenen Daten. Das hat Vorteile für den späteren Flugbetrieb. Treten dann Schäden auf – beispielsweise ein Haarriss am Flügel – kann schnell rückverfolgt werden, auf welchen Produktionsschritt das zurückzuführen ist und welche Bauteile aus der Charge noch betroffen sein könnten. Bislang müssen diese Daten mühsam aus Excel-Tabellen zusammengesucht werden, was Monate in Anspruch nehmen kann. Dank der Software von nebumind kann das nun innerhalb von wenigen Tagen oder Stunden erfolgen.

nebumind hat sich auf dem Ludwig-Bölkow-Campus im bayerischen Taufkirchen angesiedelt, der von Airbus, Siemens und IABG finanziert wird. Das Potenzial ist erheblich: Allein in der Luftfahrt ist die Software für rund 70.000 Maschinen relevant. Und auch für die Bereiche Automobil oder Medizintechnik kann sie weiterentwickelt werden – und damit einmal mehr den Spill-over-Effekt zeigen, der von der Luft- und Raumfahrt für andere Branchen ausgeht.