KW 39/2020

Gesellschaftlicher Nutzen

Corona-Check: Mehr Gesundheitsschutz dank Luftfahrt-Innovationen

Das neu entwickelte System „BA Thermo“ misst berührungslos die Temperatur der Haut – und gibt so Hinweise auf eine mögliche Erkrankung.
Das neu entwickelte System „BA Thermo“ misst berührungslos die Temperatur der Haut – und gibt so Hinweise auf eine mögliche Erkrankung.
Solange es keine wirksame Impfung gegen COVID-19 gibt, ist eine Frage beherrschend: Wie können Gesellschaft und Wirtschaft in einen relativ normalen Alltag zurückkehren und zugleich den Gesundheitsschutz maximal gewährleisten? Der niedersächsische Anlagenbauer Broetje-Automation GmbH hat eine günstige und kontaktlose Lösung entwickelt, die eine mögliche Erkrankung anhand der Körpertemperatur erkennt – Grundlage sind Kenntnisse aus dem Flugzeugbau.

 

Das neu entwickelte System „BA Thermo“ misst berührungslos die Temperatur der Haut – und gibt so Hinweise auf eine mögliche Erkrankung.

 

Binnen Sekunden misst die neue Technologie namens „BA Thermo“ die Temperatur eines Menschen. Dafür scannt eine Infrarotkamera kontaktlos das Gesicht, eine eigens programmierte Software wertet die Informationen aus und zeigt das Ergebnis auf einem Tablet-Bildschirm an. Beispielsweise können Unternehmen „BA Thermo“ am Eingang zur Firma oder Werkhalle einsetzen und so ihre Mitarbeiter vor Ansteckung schützen. Die Messung ist dabei ein Hinweis für den Betroffenen, der sich dann eigenverantwortlich für eine Fiebermessung oder weitere Untersuchungen entscheiden kann. Zentral: Die Daten sind nur für den Betroffenen sichtbar, werden nicht gespeichert oder weitergegeben.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Die Genauigkeit der Messung ist groß. So erkennt das System die Körpertemperatur auf 0,5 Grad Celsius genau. Allerdings: Da die Infrarotkamera lediglich die Oberfläche der Haut scannt, ist der Wert von äußeren Faktoren beeinflussbar. Die Person sollte etwa nicht im direkten Sonnenlicht stehen, denn die Kamera würde dann auch diese als Wärme wahrnehmen.

Die genutzte Technologie zur Bilderkennung ist erprobt und wurde bislang von Broetje-Automation bei der Fertigung von Flugzeugteilen eingesetzt. So erkennen Kameras auf ein Zehntelmillimeter genau, ob beispielsweise Bohrungen oder Nietverbindungen korrekt durchgeführt werden. Infrarotsensoren werden unter anderem in der Qualitätssicherung für Kohlefaserprozesse genutzt.

Broetje-Automation hatte „BA Thermo“ zunächst für den eigenen Gebrauch entwickelt, um Mitarbeiter in den Büros und Werkhallen besser zu schützen. In Rekordzeit von drei Wochen wurde das Konzept entwickelt und die nötige Software programmiert. Inzwischen hat das Unternehmen das Produkt zur Marktreife gebracht, erste Bestellungen sind bereits in Arbeit. Die Verwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. So ist der Einsatz auf einer Konferenz geplant, damit sich Teilnehmer – freiwillig und datenschutzrechtlich unbedenklich – vorab checken können. Denkbar ist auch der Einsatz an Bahnhöfen vor Betreten eines Zuges oder als Angebot am Eingang öffentlicher Gebäude. Durch den Einsatz von Standard-Komponenten gehört das System dabei zu den günstigsten am Markt.

Krise als Chance für Spill-over

Broetje-Automation nutzt sein Know-how aus dem Luftfahrtanlagenbau auch in anderen Bereichen, um der Corona-Krise zu begegnen. So arbeitet das Unternehmen mit einer Näherei in der Region zusammen, um Mund-Nasen-Bedeckungen zu produzieren. Der Clou: Broetje-Automation entwickelt dafür eine automatisierte Fertigung der Masken – Vorbild ist ein Maschinenkonzept zur Produktion von kohlefaserverstärkten Materialien für die Luftfahrt. Automatisierung in der Textilindustrie ist bislang kaum vorhanden und birgt ein riesiges Potenzial, um kostengünstig zu produzieren.

Zudem forscht Broetje-Automation an einem Desinfektions-Roboter – inspiriert durch Cobots aus der Luftfahrtproduktion. Der Roboter soll Arbeitsplätze, die von mehreren Mitarbeitern genutzt werden, mithilfe von UV-Licht desinfizieren. Ein erster Prototyp ist in der Firmenzentrale bereits im Einsatz.