KW 16

Nachhaltigkeit

Automatisierung schafft Chancen für neues Material

Testzelle
Testzelle für die automatisierte Fertigung von glasfaserverstärktem Aluminium (FML) im Technologiezentrum Nordenham
Gewicht ist der wesentliche Faktor, um Flugzeuge energieeffizienter zu machen. Denn jedes Kilogramm weniger Gewicht spart eine Tonne CO2 je Flugzeug und Jahr. Bislang dominieren Kohlenstofffasern und Aluminium in puncto Leichtbau in der Luftfahrt. Entscheidend ist aber auch, wie effizient sich ein Material im industriellen Maßstab verarbeiten lässt. In dieser Hinsicht erlebt ein weiterer Werkstoff derzeit eine Renaissance: glasfaserverstärktes Aluminium. Ein Durchbruch auf dem Weg zur automatisierten Verarbeitung ist jüngst dem Luftfahrtzulieferer Premium AEROTEC im niedersächsischen Nordenham gelungen.

Seit 2014 befasst sich das Unternehmen damit, das einst unter der Bezeichnung Glare bekannte Material auch im großen Stil wirtschaftlich verarbeiten zu können. Der Hybridwerkstoff FML (Faser-Metall-Laminate) entsteht, indem verschiedene nur wenige Zehntelmillimeter dünne Schichten übereinander gelegt werden – spezielles Glasfasergewebe und dünnste Bleche aus Aluminium. FML verbindet so das Beste aus zwei Materialwelten: die mechanischen Vorteile des Aluminiums und die Vorteile der Fasern hinsichtlich der Dauerfestigkeit. Darüber hinaus könnte FML gegenüber der Aluminiumbauweise rund ein Kilogramm Gewicht pro Quadratmeter Flugzeughaut einsparen. Für einen ganzen Rumpf kommen da schnell mehrere Hundert Kilogramm Gewichtsvorteil zusammen.

Automatisierte Serienfertigung ist möglich

Doch damit das Material im großen Stil beim Flugzeugbau eingesetzt werden kann, fehlt bislang etwas Wesentliches: die wirtschaftliche industrielle Fertigung. Die hauchdünnen Schichten – letztlich wäre eine Flugzeughaut aus FML sogar etwas dünner als die heutige Aluminiumhaut – müssen sehr sorgfältig aufeinandergelegt werden. Maschinen, die dies können, gibt es derzeit noch nicht. Die Möglichkeiten der manuellen Verarbeitung sind jedoch begrenzt: pro Monat stellt Premium AEROTEC für den Großraumflieger A380 heute knapp 200 Quadratmeter FML-Fläche her. Um FML auch für andere Flugzeugprogramme attraktiv zu machen, muss die Leistungsfähigkeit deutlich gesteigert werden. Der Schlüssel dazu liegt in der weiteren Automatisierung. Gemeinsam mit seinen Partnern hat Premium AEROTEC  nun mit Erfolg gezeigt, dass die hauchdünnen Schichten auch maschinell zu einer Rumpfschale zusammengelegt werden können – ein Meilenstein.

Damit ist es denkbar, bis zu 10.000 Quadratmeter pro Monat zu produzieren – eine Steigerung der Leistung um den Faktor 50. Bis zum großflächigen Einsatz des Materials entwickeln die Projektpartner das neue Verfahren im Technologiezentrum Nordenham fort. Gleichzeitig öffnet FML eine weitere Tür in Richtung durchgängiger Prozessdigitalisierung mit 3D-Daten von der Konstruktion über die Fertigung bis zur Qualitätsprüfung.

Öffentliche Mittel für das Fliegen von morgen

Im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms (LuFo) wird das Projekt AutoGlare finanziell gefördert. Premium AEROTEC setzt dabei auf die enge Zusammenarbeit mit Airbus, Fraunhofer-Gesellschaft und DLR. Weitere Partner sind GKN-Fokker und Stelia.