Auf der ISS erforscht – im Flugzeug eingesetzt

In der Schwerelosigkeit des Alls können Tests durchgeführt werden, die auf der Erde nicht möglich wären. Denn die Erdanziehung verfälscht Ergebnisse mitunter und macht sie damit wertlos. So werden auch neuartige Materialien im Labor der ISS erforscht. Ein Beispiel ist Titanaluminid: Unter Leitung des Aachener Access-Instituts haben die Astronauten der Raumstation den Stoff untersucht und konnten so beispielsweise herausfinden, wie schnell er unter bestimmten Bedingungen abkühlt – eine entscheidende Erkenntnis, um den Werkstoff später auf der Erde verarbeiten zu können.
Forschung im All – Einsatz auf der Erde
Von den Forschungsprojekten im Weltall profitiert die Luftfahrt. Denn Titanaluminid ist perfekt für den Einsatz unter Extrembedingungen, wie sie etwa in Flugzeugtriebwerken herrschen: hohe Drücke und Temperaturen von mehreren hundert Grad. Nur wenige Materialien halten dem stand. Titanaluminid ist eines davon und kommt zum Einsatz in der schnelllaufenden Niederdruckturbine des Getriebefan-Triebwerks der MTU. Dabei ist der Werkstoff gerade mal halb so schwer wie bislang verwendete Legierungen aus Nickel – eine Sensation.
Und die Ergebnisse der Forschungsarbeit fliegen bereits. Das Münchener Unternehmen MTU Aero Engines, ein weltweit agierender Triebwerkshersteller, hat zusammen mit Partnern aus Forschung und Industrie eine hochfeste Variante des Werkstoffs Titanaluminid entwickelt und formt daraus Turbinenschaufeln. „Hat man bisher alle 20 Jahre mit dem Erscheinen eines neuen Werkstoffs gerechnet, ist es uns in gerade einmal sieben Jahren gelungen, ein neues Material dieser gänzlichen neuen Werkstoffklasse in die Serie zu bringen“, sagt MTU-Technikvorstand Dr. Rainer Martens.
Die Turbine auf Diät setzen
Neuartige Materialien wie Titanaluminid helfen, den Treibstoffverbrauch von Flugzeugen zu senken, denn im Vergleich zu den bislang eingesetzten Nickellegierungen sind Turbinenschaufeln aus dem neuartigen Werkstoff nur halb so schwer; zudem erlauben sie weitere Gewichtseinsparungen der mit ihnen verbundenen Bauteile.
Titanaluminide eröffnen neue Horizonte, denn auch andere Triebwerkskomponenten können leichter gebaut werden. Dadurch werden Triebwerke noch ressourcenschonender, kraftstoffsparender und sauberer, denn jede Gewichtsreduzierung wirkt sich senkend auf Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen aus. Der neue Werkstoff leistet damit einen wichtigen Beitrag, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Luftfahrtbranche zu erreichen.
Die A320neo von Airbus setzt seit gut einem Jahr als erstes Flugzeug weltweit Schaufeln aus Titanaluminid in der schnelllaufenden Niederdruckturbine eines Getriebefan-Triebwerks ein – made by MTU. Und die Forschungsarbeiten gehen weiter. Die Vision der MTU-Werkstoffspezialisten: Noch bessere Titanaluminid-Legierungen und noch mehr Triebwerksteile aus dem neuen Werkstoff zu realisieren.